Zum Stück
Am 24. November 2012 marschieren mehr als 200 protestierende Asylwerber vom Flüchtlingslager Traiskirchen nach Wien. Sie bauen im Sigmund-Freud-Park das sogenannte „Refugee Protest Camp Vienna“ auf. Ihre Proteste gegen die Zumutungen des österreichischen Asylsystems bleiben von den zuständigen Beamten und Politikern jedoch ungehört. Nach wiederholten Besuchen der Polizei im Protest Camp suchen die Asylwerber am 18. Dezember (Internationaler Tag der Migranten) in der Votivkirche Schutz. Den meisten droht bei Ausweisung in ihr Heimatland der Tod. Wenige Wochen später ertrinken hunderte Flüchtlinge aus Afrika vor der Küste von Lampedusa beim Versuch, die „Festung Europa“ zu erreichen. Inzwischen ereignen sich fast täglich unfassbare Katastrophen auf dem Mittelmeer, tausende Menschen müssen in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft sterben.
Die österreichische Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek verschränkt in ihrem preisgekrönten Stück „Die Schutzbefohlenen“ die Ereignisse in Wien und die Flüchtlingsdramen an den Außengrenzen Europas mit Motiven aus Aischylos’ Tragödie „Die Schutzflehenden“. Dabei entlarvt sie mit scharfer Polemik und beißender Ironie den Zynismus und die Bigotterie Europas im Umgang mit den Menschenrechten, die eben nicht für alle gelten, sondern nur für jene, die es sich leisten können.
Elfriede Jelinek *1946 zählt zu den bedeutendsten deutschsprachigen Gegenwartsautorinnen. Neben Theaterstücken, Lyrik, Essays, Übersetzungen, Hörspielen, Drehbüchern und Libretti umfasst ihr Werk mehrere Romane. Zahlreiche Auszeichnungen und Preise. 2004 erhielt Elfriede Jelinek den Nobelpreis für Literatur.
Jessica Glause Studium der Kulturwissenschaften & ästhetischen Praxis, Universität Hildesheim. Inszenierungen u.a. am Theater Freiburg, Staatsschauspiel Dresden, Münchner Volkstheater und an den Münchner Kammerspielen. Ihre Stücke wurden mehrfach zu renommierten Festivals eingeladen und mit Preisen ausgezeichnet.
Stadttheater Bozen / Studio
Erzählcafé
Schutzsuchende zu Gast
Nur wenige Meter vom Stadttheater Bozen entfernt haben Schutzsuchende im ehemaligen Hotel Alpi vorübergehend eine erste Zuflucht gefunden. Sie alle leben seit wenigen Monaten alle warten und hoffen auf die Bewilligung ihrer Asylanträge. Auf ihrem Weg nach Südtirol mussten sie Unfassbares mitmachen. Einige, unter ihnen Faisal Hassan aus Somalia, haben sich bereit erklärt, uns ihre Geschichte zu erzählen.
Moderation: Ina Tartler
Mit: Faisal Hassan, Francesca Cavalieri (Verein Volontarius), u.a.
09.01.16 — 20 Uhr
Foyer Studio
Im Kino zu Gast
Last Shelter
Regie: Gerald Igor Hauzenberger
Wien, Dezember 2012: Eine kleine Gruppe junger Afghanen und Pakistani besetzt die Votivkirche in Wien. Im Schnellverfahren haben sie negative Asylbescheide erhalten, obwohl sie unter denkbar prekären Bedingungen geflüchtet sind. Bei null Grad harren die Flüchtlinge dort monatelang protestierend und phasenweise im Hungerstreik aus. Trotz breiter öffentlicher Unterstützung werden einige von ihnen abgeschoben. Ihr Protest führt sie von Traiskirchen quer durch Österreich bis zur ungarischen Grenze, wo 2015 wieder an trennenden Zäunen gearbeitet wird.
Nachgespräch mit Regisseur Gerald Igor Hauzenberger
13.01.16 — 20 Uhr
Filmclub Bozen
In Zusammenarbeit mit dem Filmclub Bozen
Publikumsgespräch
„Die Schutzbefohlenen“
Blicken Sie mit uns hinter die Kulissen der Produktion „Die Schutzbefohlenen“: Welches sind die Herausforderungen an Regie und Schauspieler/-innen, wenn die Realität den 2014 uraufgeführten Theatertext im wahrsten Sinne des Wortes rechts überholt? Kann man am Theater der Not von Geflohenen überhaupt gerecht werden? Was zeichnet die künstlerische Auseinandersetzung mit diesem Thema im Gegensatz zur Medienberichterstattung aus?
Moderation: Ina Tartler (Dramaturgie)
Mit: Jessica Glause (Regie) und dem Ensemble der „Schutzbefohlenen“
15.01.16 — im Anschluss an die Vorstellung, Studio
Tischgespräch
Schutzsuchende in Südtirol
Welches ist die aktuelle Situation von Geflohenen in Südtirol? Wo finden sie ersten Schutz? Von wem werden sie betreut? Was wird von freiwilligen Helferinnen und Helfern sowie der Südtiroler Politik für eine menschenwürdige Aufnahme von Schutzsuchenden getan? Welche Perspektiven auf ein besseres Leben haben sie mitten in unserer Gesellschaft? Gibt es hierzulande Integrationsprogramme? Welche Fragen müssen wir uns heute stellen, um für künftige Herausforderungen gewappnet zu sein?
Moderation: Ina Tartler (Dramaturgie)
Mit: Monika Weissensteiner (Anthropologin, Aktivistin, Expertin für europäisches und italienisches Asyl-System – angefragt), Sonja Cimadom (Bildungsreferentin im Bereich „Miteinander“, oew)
17.01.16 — im Anschluss an die Vorstellung, Studio
Experten zu Gast
Prof. Dr. Harald Pechlaner
Gastfreundschaft ist eine wesentliche Ausdrucksform gesellschaftlicher Entwicklung. Gastfreundschaft ist Kultur und damit von unschätzbarem Wert für eine Gesellschaft. Wertschätzung und Respekt sind die Grundlagen der Begegnung zwischen Gast und Gastgeber, wenn es darum geht, Fremde als Bereicherung für ein gelingendes Miteinander zu verstehen. Gastfreundschaft ist somit ein Anspruch, ist aber auch von Grenzen geprägt, wenn das Fremde zum Vertrauten wird.
Prof. Dr. Harald Pechlaner (Lehrstuhl Tourismus, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt; Institut für Regionalentwicklung und Standortmanagement, EURAC)
Vortrag mit anschließendem Gespräch
20.01.16 — 20 Uhr
Stadttheater Bozen, Studio